„What’s the name of the Game?“
Eine verständliche Frage, die wir grundsätzlich gestellt bekommen, wenn wir anderen Reisenden erzählen, dass wir u.a. 6 Monate in Indien unterwegs waren, ist:
„Und, wie seid Ihr mit der ganzen Armut umgegangen, die ständig um einen herum ist?“
Jetzt, im Nachhinein mit Abstand dazu, lässt es sich natürlich „leichter“ sagen, dass man sich echt an alles gewöhnen kann und schließlich eine Art Immnunität dagegen entwickelt. Sodass man nicht mehr ständig, sogar bei dem Anblick eines winzigen neugeborenen Kindes, dass nackt einfach mitten im Dreck auf der asphaltierten Straße liegt, am liebsten hilflos in Tränen ausbrechen möchte.
Die harte Realität, die wir uns während unserer Reise immer wieder vor Augen geführt haben (müssen) ist, dass es uns leider nicht möglich ist, jedem der danach fragt einfach zehn Rupien o.ä. in die Hand zu drücken und somit sein Leiden zu verringern. Auch wenn Geld an der richtigen Stelle investiert ganz klar sogar Menschenleben längerfristig retten kann, ist uns unter anderen durch den Besuch im Ashram von Amma klar geworden, was wir stattdessen außerdem tun können. Nämlich (versuchen) den Menschen um uns herum ein gutes, respektvolles Gefühl zu geben und einfach möglichst viel Lächeln und Freude zu verschenken.
Und von diesen Gütern haben gerade die Asiaten, die vielleicht in materieller Armut leben, in so großen Mengen auch uns etwas abgegeben, dass wir uns wünschten in der westlichen Welt würde es auch Freude, Lächeln etc. im Überfluss zu verschenken geben.
Fluchtgeschichten
Somit haben wir durch intensive Gespräche unter anderem auch viele Menschen kennengelernt, deren Armut vielleicht äußerlich nicht zu erkennen ist, aber deren Lebensumstände teilweise einfach grauenvoll und schrecklich sind. Allen voran haben uns während unserer Reise die diversen Flüchtlingsgeschichten beschäftigt, die wir direkt von den Betroffenen erfahren haben. Sei es der junge tibetische Reporter, der seine Familie zurückgelassen hat und 22 Tage über den Himalaya ins ungewisse Indien, in ständiger Angst vor dem chinesischen Militär, gelaufen ist. Oder Andre aus Goa, der uns seine Flucht aus der DDR mit 19 Jahren erzählte oder Selmon, dessen Familie zu den wenigen Privilegierten gehörte, die es sich finanziell leisten konnten aus Afghanistan, nach dem Einmarsch der Russen, zu fliehen.
Erst vor ein paar Tagen habe ich (Schnull) in einer Campingplatzküche eine Frau kennengelernt, weil ich ihr unsere Gewürze angeboten habe. Sie hat diese äußerst dankend angenommen und fragte mich dann mit Blick auf unser Öl: „Where did you get that? Did you bring it from home?“ Ich musste natürlich schmunzeln und erklärte ihr, dass ich aus Deutschland kommen und es wohl ein weiter Weg wäre, das Öl hierher mitzubringen. Fand ich irgendwie recht amüsant, weil man ja Öl hier in jeder Superette kaufen kann, aber sie schien die Frage völlig ernst gemeint zu haben. Also wollte ich natürlich wissen, woher sie kommt. „Zimbabwe“ war ihre leise Antwort. Wow, mir schossen natürlich sofort hunderte Frage in den Kopf und das muss sie wohl an meinem weit aufgerissenem Blick gemerkt haben, denn sie tätschelte kurz mit ihrer einen Hand auf ihren anderen Unterarm und sagte: „Not many left of us there.“
(Damit meinte sie ihre weiße Haut.) Ich sagte dann nur „Yes, I know.“ Und fragte woher sie genau kommt: „Bulawayo?“ Sie hat mich dann überrascht angeguckt und gesagt, dass sie tatsächlich 40 km nördlich daher kommt. Sie wollte dann wissen, ob ich da war und als ich „Yes” sagte, anwortete sie: „Then you know…“ Dann sagte ich ihr, dass diese Reise allerdings schon über 5 Jahre her ist, sich die Umstände ja offensichtlich weiter verschlimmert haben und ich mich frage wie schlimm es wohl tatsächlich ist. Sie sagte nur “terrible“ und ihr ganzer Gesichtsausdruck sprach Bände…
Also erzählte sie mir, dass sie hier in Neuseeland für wenige Wochen sind, um ihren Sohn und dessen Frau, die hier leben zu besuchen. Aus England kam ihre Tochter mit ihrer Familie angereist und nun genießen sie dieses (letzte?) Zusammentreffen, bevor es wieder zurück nach Zimbabwe geht. Wir haben dann alle zusammen draußen an einem Tisch gesessen und gegessen. Dabei haben sie und ihr Mann jeden einzelnen Bissen genau inspiziert, vorher genauestens alle Zutaten angeschaut und genüßlichst darauf rumgekaut und schließlich bewußt zu sich genommen. Uns ist dabei unserer eigenes Essen fast im Halse stecken geblieben und wir waren nur darauf bedacht der ganzen Familie keine ihrer kostbaren Zeit zusammen zu stehlen.
„Home sweet home“
Für uns hat nach dieser Begegnung und diesem Abendessen alleine die Möglichkeit nach Deutschland zurück zu kommen und Freunde und Familie wiederzusehen ganz groß an Bedeutung hinzugewonnen. Man macht sich gar kein Bild davon wie viele Menschen in der Welt unterwegs sind, die kein Zuhause (mehr) haben.
Und gerade deswegen haben wir noch einen ganz speziellen aktuellen Beitrag, denn wir vor wenigen Tagen von unseren Freunden Mo & Toffa aus Fiji bekommen haben, den wir hier gerne aufführen möchten:
„Wir haben hier in den letzten Tagen die schlimmsten Unwetter seit über 40 Jahren erlebt. Seit Mittwoch letzter Woche regnet es fast ununterbrochen. Heute ist es den ersten Tag wieder trocken. Darauf haben wir die letzte Tage immer gehofft. Der Regen hat zu schweren Überschwemmungen geführt und die Wassermassen haben viele Menschen am vergangenen Donnerstag in den frühen Morgenstunden überrascht. Mehrere tausend Familien sind seit dem letzten Wochenende obdachlos und haben teilweise alles verloren. 10 Tote, darunter sind mehrere Kinder zu beklagen und der Notstand wurde ausgerufen.
Ich bin gestern das erste Mal Richtung Nadi gefahren und habe das ganze Ausmaß der Schäden gesehen. Das es schlimm ist wusste ich, aber die ganzen kaputten Dörfer zu sehen und wie Menschen zwischen dem ganzen Unrat und Dreck hausen müssen, hat mich echt schockiert. Ich kann nur bewundern, mit welcher Gottergebenheit die Fijianer das alles ertragen. Viele haben schon vor dieser Flut nicht viel gehabt, aber jetzt stehen die Betroffenen vor dem Nichts. Das neue Schuljahr steht außerdem vor der Tür und viele Familien werden das Schulgeld für ihre Kindern nun erst recht nicht mehr aufbringen können.
Ich weiß, es wird ständig um Spenden gebeten und die Fiji Inseln liegen am anderen Ende der Welt und es ist schon komisch, Euch um Geld zu bitten, aber ich möchte es trotzdem tun. Hier werden die Lebensmittel knapp und es droht der Ausbruch von Infektionskrankheiten wie Typhus, da vielerorts das Trinkwasser verseucht ist.
Wenn Ihr etwas spenden möchtet/ könnt, dann nutzt bitte die folgende Bankverbindung dafür:
Postbank Stuttgart
Konto: 166 469 701
BLZ: 600 100 70
Oldenburg Monika, Reisebüro APTC
Ganz wichtig: Bitte Stichwort „Fiji Flut“ angeben.
Lieben Gruß und vielen Dank!
Christopher
“Commitment?!”
Und nun stellen wir Euch die Frage, die man sich nicht nur stellen sollte, wenn man gerade für ein halbes Jahr in Indien unterwegs ist:
„Und, wie geht Ihr mit der ganzen Armut um, die ständig um einen herum ist?“
„Hingucken? Oder lieber Wegsehen? Oder doch am besten Handeln und abends mit der Gewissheit einschlafen seinen eigenen kleinen positiven Beitrag gebracht zu haben?“
„Last, but not least“
PS: Falls die berechtigten Zweifel auftreten sollten, ob die Spenden überhaupt ankommen: Die gesammelten Spenden werden der Initiative der Fiji Times, der größten Tageszeitung des Landes und der ANZ Bank zur Verfügung gestellt. Alle Spenden, die dort eingehen, werden der Fiji Red Cross Society zur Verfügung gestellt. Alle Spender werden namentlich in der Zeitung genannt. Die Reporter der Fiji Times werden genau hinsehen, wer Spenden erhält und berichten täglich aus den am schlimmsten betroffenen Gebieten.
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19Jan
Tags: Armut, betteln, Fiji, Flucht, Flut, Indien, Spenden, Zimbabwe
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17Jan
Neuseeländische Impressionen
Nachdem wir nun knappe 3 Wochen mit unserem Van unterwegs sind, müssen wir echt feststellen, dass gewisse Dinge, die man in der westlichen Welt inzwischen eigentlich erwartet, hier scheinbar einfach noch nicht angekommen sind. So findet man im Northland (dem nördlichen „Zipfel“ der Nordinsel) tatsächlich fast ausschließlich noch Internetcafés, die mit einem „Dial Up Modem“ betrieben werden, extrem laaaaangsame Verbindungen haben und zudem noch richtig teuer sind.
Somit kommen wir also leider auch erst heute wieder dazu mal einen kleinen Erlebnis- Erfahrungsbericht vom anderen Ende der Welt zu posten.
Unser überraschendster und zugleich irgendwie auch schockierendester Neuseeland - Eindruck kam während des Ausbaus und der Ausstattung unseres Campervans. Von den Schrauben über das Geschirr, Besteck, Geschirrtücher, Stoffen für die Gardinen, Töpfen, Pfannen, Kühlbox etc. etc ist JEDES einzelne Produkt, die wir hier in den unterschiedlichsten Läden gekauft haben „made in China“.
(Man kann sich vielleicht unseren Ehrgeiz vorstellen ein Produkt zu finden, das woanders hergestellt wurde…) Leider vergebens!
Wir haben in den Läden SÄMTLICHE Produkte genaustens inspiziert und konnten KEIN einizges Produkt finden, dass in einem anderen Land produziert wurde!!!
Greg, den wir zunächst auf dieses Phänomen angesprochen haben, konnte unsere Empörung überhaupt nicht verstehen und sagte nur:
„Isn’t it like this all over the world? I mean, don’t all the countries get their products from China?“
Tage später haben wir dann Daryll, einen weiteren Neuseeländer mit unserer Empörung konfrontiert und er erklärte uns dann, dass Neuseeland vor nicht allzulanger Zeit ein Handels- / Importabkommen mit China getroffen hat und das es dieses Produktmonopol vorher in Neuseeland nicht gab.
Nicht nur, dass China sich also hier in der kompletten Produktpalette (von den Neuseeländischen Souvenieren bis hin zu den made in China Autos) eine Monopolstellung gesichert hat, sie haben es auch noch geschafft zunächst 1.700 „Permanent Residents“ aus China hierher zu bringen, die am Hafen, die „Container löschen“. Denn schließlich gibt es wohl äußerst wenige Neuseeländer, die die chinesischen Schriftzeichen auf den ganzen Kartons lesen könnten…
Und damit nicht genug, wurden auch gleich noch 1.700 chinesische Krankenschwestern ins Land gebracht, die unter anderem für die Hafenarbeiter da sein sollen…
Das Ganze erscheint mir leider so, wie der Verlauf unseres Monopoly-Spiels mit Greg’s Sohn Brandon: Der hat sich nämlich auch die günstigsten Straßen gesichert, (an denen wir nicht wirklich interessiert waren) Häuser und Hotels drauf gebaut und uns schließlich leider komplett abgezogen…
„Glue Ear“
Eine weitere interessante und glücklicherweise weniger beängstigende Sache die Daryll uns erzählte sind die Begleiterscheinungen rund um den „Aufbau des polynesisches Kopfes“.
Daryll hat jahrelang u.a. für Philips im Medizintechnischen Bereich gearbeitet und war auf Produkte rund um Höhrschädigungen spezialisiert.
Von ihm haben wir also erfahren, dass der „polynesische Kopf“ (also, auch die Kopfform der neuseeländischen Maoris und der meisten „Pacific Islanders“) einen Höhrgang hat, der so nach innen gewölbt ist, dass bei einer Ohrentzündung bzw. bei Wasser im Ohr kein Sauerstoff in den Gehörgang kommen kann, der den Dreck einfach austrocknet.
Somit entsteht schon im frühen Kindesalter eine Hörschädigung die hier in Neuseeland jahrelang übersehen wurde. Erst Forschungen, die aufgrund der steigenden Kriminalitätsrate unter den Maoris unternommen wurden, haben einen Zusammenhang mit der Anzahl der Straffälligen bzw. weniger gebildeten Bevölkerungsschicht und der „Rasse“ ergeben.
Die schlechte Bildung vieler Maoris bzw. Inselbewohner ist also darauf zurückzuführen, dass sie als Kinder in der Schule nicht alles mitbekommen haben, was die Lehrer erzählt haben, weil sie es schlichtweg nicht hören konnten.
Nun gibt es seit wenigen Jahren in Neuseeland die „Deafness Foundation“, die unter anderem mit genau unserem Van von Schule zu Schule fährt bzw. gefahren ist, den betroffenen Kinden kleine Plastiktrichter in den Gehöhrgang einsetzt, damit genug Sauerstoff reinkommen kann.
Man kann also gespannt sein, wie sich die Kriminalitätsrate aufgrund dieser Maßnahmen hier verändern wird…Tags: Glue Ear, made in China
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