Die große Seele Indiens
Auf unserer Reise sind wir natürlich auch Indiens „Vater der Nation“, Mohandas Karamchand Gandhi immer und immer wieder begegnet und haben uns jedesmal wieder gefreut, dass er aussieht wie Schnull’s Oma Käthe!
Schon vor unserer Reise wurden wir ja bei der Visabeschaffung beim Indischen Konsulat in Hamburg mit dem Geburtstdatum von Mahatma Gandhi, dem 2. Oktober 1869 vertraut gemacht.
Den sanskritischen Ehrenname Mahatma (deutsch: Große Seele) mit dem Gandhi bei seiner Ankunft in Bombay nach seinem Aufenthalt in Südafrika begrüßt wurde, akzeptierte er interessanterweise nur schwer, da er gegen seinen Willen gebräuchlich wurde und er strikt auf jede Art von Kult um seine Person verzichtete.
Diese Bescheidenheit Gandhis ist uns in Indien auch an verschiedenen Stätten seines Lebens vor allem in Guajarat wieder und wieder begegnet.
Porbandar
In seinem Geburtshaus in Porbandar, zu dem täglich hunderte, wenn nicht sogar tausende von Menschen pilgern, markiert eine rote Swastika auf dem Fußboden die Stelle, an der er geboren worden ist.
Die Swastika als Symbol im Hinduismus ist ebenso im Straßenbild präsent, wie die „Chai-Verkäufer“, die „heilige Kuh“, die zig Gottesbildchen und eben auch Gandhi.
Swastika
Die Swastika (Sanskrit: „Glücksbringer“) ist ein Kreuzsymbol mit winkeligen oder gebogenen Enden. Die vier Enden können nach rechts oder links gerichtet, recht-, spitz-, flachwinkelig oder rundgebogen und mit Kreisen, Linien, Punkten oder Ornamenten verbunden sein. Eine einheitliche Bedeutung haben sie nicht.
Der Nationalsozialismus übernahm ein – hier auf der Spitze stehendes – nach rechts gewinkeltes Hakenkreuz als Symbol einer angenommenen Rasse von Ariern, machte es 1920 zum Parteizeichen der NSDAP und 1935 zur Flagge des Deutschen Reiches.
Das Wort „Svastika“ setzt sich im Sanskrit aus den Silben su- („gut“) und asti (Substantiv zum Verb as- „sein“) zusammen. Es bedeutet wörtlich: das (zum) Gutsein (gehörige), das Heilbringende. Das Kompositum svasti- bedeutet schon im ältesten Sanskrit (dem Vedischen) „Heil, Segen“. Als Aussage wird es mit „Alles ist gut“ übersetzt.
Ahmedabad
Wir besuchten hier den Gandhi Ashram, den er selbst zu Lebzeiten gegründet hatte. Es gab eine sehr interessante Ausstellung über sein Leben und über sein Konzept am Festhalten an der Wahrheit, welches neben der Gewaltfreiheit, noch weitere ethische Forderungen, wie die individuelle und politische Selbstkontrolle und -herrschaft, beinhaltete. Er lehnte das Kastenwesen strikt ab und trat dafür ein, dass alle Menschen gleich sind!
In seiner Idealvorstellung sollte jede Dorfgemeinschaft in der Lage sein, sich selbst zu ernähren und einzukleiden. Symbolisch dafür war das Spinnrad, was auch viele Jahre die Indische Flagge zierte. Inzwischen zeigt die Staatsflagge eine modifizierte Darstellung des Spinnrads, das auch das „Rad des Lebens“ verkörpert.
Gandhi erreichte1947 mit dem von ihm entwickelten Konzept des gewaltfreien Widerstandes das Ende der britischen Kolonialherrschaft über Indien. Am 30. Januar 1948 wurde er auf dem Weg zum Tempel erschossen.
Palatina
Nach Ahmedabad sind wir dann zusammen mit Ali (Juhuu!!) nach Palitana gefahren und sind hier sozusagen „auf die Jains gestoßen“.
Jainismus
Der Jainismus ist eine in Indien beheimatete Religion, die etwa im 6./ 5. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist. Ein historisch fassbarer Gründer ist Mahavira. Dem Jainismus gehören 2001/02 etwa 4,4 Millionen Gläubige an, davon etwa 4,2 Millionen in Indien.
Der Jainismus geht davon aus, dass sich in der Welt zwei Prinzipien gegenüber stehen: Geistiges und Ungeistiges. Das Geistige beruht auf einer unendlichen Anzahl individueller Seelen (Jiva). Das Ungeistige umfasst die 5 Kategorien: Bewegung, Ruhe, Raum, Stoff und Zeit. Alles Stoffliche ist beseelt, nicht nur Menschen und Tiere, sondern auch Pflanzen oder Wasser.
Die ursprüngliche Reinheit und Allwissenheit der Seele (Jiva) wird jedoch durch feinstoffliche Substanzen, die als Folge von Karma eindringen, getrübt. Dies zwingt zum Verbleib im Kreislauf der Wiedergeburten (Samsara), bis alles Karma getilgt ist. Eine solche Reinigung der Seele wird im Jainismus durch sittliche Lebensweise und strenge Askese erreicht.
Ist eine Seele von allen Verunreinigungen befreit, so steigt sie in den höchsten Himmel auf, um dort in ruhiger Seligkeit zu verharren. Dieses Stadium erreichen jedoch nicht alle Seelen. Die sog. abhavya jivas (unfähige Seelen) können aufgrund ihrer natürlichen Veranlagung nie aus Samsara befreit werden.
Die drei ethischen Grundprinzipien des Jainismus sind Ahimsa (Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen), Aparigraha (Unabhängigkeit von unnötigem Besitz) und Satya (Wahrhaftigkeit).
Wegen des Ideals der Nichtverletzung von Lebewesen ernähren sich Jainas ausschließlich so, dass weder Tier noch Pflanze dafür sterben müssen. Bedingt durch diese Prinzipien, üben Anhänger des Jainismus nicht jeden Beruf aus, weshalb sie beispielsweise oft im Handel und im Bankgewerbe arbeiten.
Wegen der Strenge der Lebensführung war die Gemeinde nie sehr groß. Die Laien konnten wegen des Gewaltlosigkeitgebots weder in der Landwirtschaft arbeiten (beim Pflügen könnten Lebewesen verletzt werden), noch konnten sie sich dem Kriegshandwerk widmen. Die Jainas spenden oft Gelder für prächtige Tempelbauten oder soziale Zwecke. Sie verfügen über mehr Einfluss innerhalb der indischen Gesellschaft als es ihrer Anzahl entspräche.
Tempelberge Nordwestindiens
Typisch für die Jain-Architektur insbesondere im Nordwesten Indiens ist die Bekrönung heiliger Berge mit Tempelstädten.
Heilig sind die betreffenden Berge, weil sie Orte mythischen Geschehens waren. Das sind aber keine richtigen Städte mit städtischer Infrastruktur, sondern Ansammlungen einer Vielzahl von Tempeln, die dadurch stadtähnlich wirken, dass sie insgesamt von einer wehrhaften Stadtmauer umgeben sind.
Dabei folgen die Anordnung der Tempel und ihr Bezug zueinander aber keinem Gesamtplan, sie wurden gebaut, wie es gerade kam. Die eigentlichen Pilgerstädte liegen ein Stückchen weiter weg, meist am Fuße der heiligen Berge. Insgesamt gibt es fünf heilige Berge, davon existieren vier real und einer nicht in dieser Welt. Zusammen bilden diese fünf Berge die vier Kardinalrichtungen und das Zentrum des mythischen Kontinentes Nandishvaradvipa ab, eine Art von Paradies.
Zwei dieser fünf wichtigen Berg-Tempelstädten haben wir bestiegen:
- Palitana, Berg Satrunjaya, Berg Shetrunjaya (Halbinsel Kathiawar). Die Tempelstadt auf dem Satrumjaya liegt ca. 650m über der Pilgerstadt von Palitana. Die 836 Tempel wurden im wesentlichen im 11. Jahrhundert erbaut. Davon sind 106 große Tempel, der Rest kleinere Schreine innerhalb der Hauptanlagen, eine enorm konzentrierte Ansammlung heiliger Stätten auf nur ca. 8 ha. Nach Zerstörung durch islamische Eiferer im 14. und 15. Jh. wurde die Anlage im 16. Jh. wieder aufgebaut.
- Berg Girnar (bei Junagadh, im Südwesten der Halbinsel Kathiawar). Auf dem Girnar ist der 22. Tirthankara, Neminatha, ins Nirvana eingegangen. Es handelt sich um einen Gebirgskamm innerhalb eines alten Vulkanes von 10-15 km Durchmesser. Mehr als 860 Tempel mit ungefähr 10.000 Figuren stehen auf den beiden Gipfeln des Berges. Es ist eine der schönsten jainistischen Tempelanlagen. Mount Girnar umfasst 15 Jain-Tempel, die auf halber Höhe des Vulkanberges liegen und von einer Mauer umgeben sind. Ein Pilgerweg mit ca. 10.000 gemauerten Stufen führt zur Tempelstadt hinauf.
Pooja in Junadagh
Ali und Schnull haben in der brütend heißen Mittagssonne den Aufstieg auf den Mount Girnar gewagt, haben es allerdings vor der Dunkelheit nur bis knapp über die Hälfte geschafft. Glücklicherweise kamen wir gerade noch rechtzeitig zum Abendgebet (Pooja) und wieder hatten wir hier in ein ganz indientypisches Erlebnis. Die anwesenden Teilnehmer und Priester haben sich so über unseren Besuch gefreut, dass wir sozusagen die Pooja schmeißen sollten. Das ging dann natürlich mit dem ebenso indientypischen Lärm ab. Da es in der „Tempelgrotte“ bis auf ein paar wenige flackernde Kerzen stockfinster war, konnten wir gar nicht genau sagen, was den Lärm verursachte, aber es hat geschäppert und gedonnert aus allen Ecken, während wir mit klingelnden Ohren den „Kerzenhalter“ mit dem Feuer in großen kreisenden Bewegungen vor unserem Körper geschwenkt haben. Erst als unsere Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, haben wir dann die ganzen Gläubigen gesehen die lauthals gechantet haben…
Eins dieser zahlreichen beeindruckenden Indien-Erlebnisse! Mit Ohrensausen, sind wir dann wieder raus aus dem Tempel und haben uns an den Abstieg gemacht. Zum Glück hat sich dann gleich eine Schar von Jungs unser angenommen und uns in der Dunkelheit den Weg bzw. die Stufen gezeigt…
Diu
Gujarat ist ein alkoholfreier Staat, mit Ausnahme von der portugiesisch geprägten Stadt Diu. Dementsprechend hat sich neben uns die gesamte „durstige“ Masse Gujarats passend zu Sylverster hier eingefunden. Wir haben ein paar ganz tolle Tage mit Mopedausflügen hier vebracht und haben endlich das Meer gesehen und die erste Kirche auf unserer Reise durch Indien.
Sasan Gir
In Sasan Gir, sind wir dann auf eine Löwensafari aufgebrochen. Und wir haben allerlei Deers, Peacocks und Monkeys gesehen, aber leider nicht einen einzigen Asiatic Lion. Wie schade!
Abends im Resort hat dann ein Inder, der allerdings schon vor Jahren nach Australien ausgewandert ist, total rumgemeckert: “Es gibt hier gar keine asiatischen Löwen! Da ist alles ein Setup!“ Es war echt heftig zu sehen, welchen Eindruck bzw. Misstrauen er in die Indische Gesellschaft hatte: alles ist korrupt und manipuliert, sogar der Nationalpark mit den Asiatischen Löwen!!
Jamnagar
Um das „Set der indientypischen Verrücktheiten“ in Gujarat komplett zu machen, haben wir in Jamnagar einen Tempel besucht, indem seit 1964 ununterbrochen (wirklich ohne Unterbrechung - mit Schichtwechsel der Teilnehmer!) gechantet wird. Fairerweise hat sich der Tempel damit auch den Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde gesichert.
Quelle: Für unsere “Recherchen” haben wir hier auf wikipedia zugegriffen.