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  • 26Nov

    Familienfoto: Indische Hochzeit

    Teil 2 des indischen Märchens

    Die indische Hochzeit

    In Jodhpur hatten wir dann das große Glück auf einer Hochzeit eingeladen zu werden. Und zwar hatten wir nachmittags zusammen mit Hänki in einem „Lassi Hotel“ (der Begriff „Hotel“ steht hier in Indien übrigens zu unserer öfteren Überraschung „nur“ für ein Restaurant) den Filmproduzenten Mahindra Bhora aus Mumbai kennengelernt. Wir sind nett mit ihm ins Gespräch gekommen und schwupps haben wir uns abends eine rasante 30 minütige Rikshawfahrt später auf einem mit unzähligen kunterbunten Lichterketten behangenen Palmengarten mit ca. 500 weiteren geladenen Gästen wiedergefunden.

    Glücklicherweise hat sich Mahindra bestens um uns gekümmert, sein Sohn ist übrigens ein bekanntes Filmsternchen aus angeblich DER indischen Soap und hat unter den Gästen reichlich Autogramme verteilt. .

    Wir ware also in bester Gesellschaft und Mahindra hat uns mit allen notwendigen Infos umsorgt (das ist schon ein richtiger Luxus, denn oft genug wurden wir Zeugen von Dingen die um uns herum in Indien passierten, von denen wir keinen blassen Schimmer hatten, was sie „bedeuteten“.). Somit wußten wir, dass die Hochzeit arrangiert war, aber die Eheleute sich bereits ein paar Male im Beisein ihrer Eltern getroffen hatten. Das letzte ok dieser Trauung hat dann schließlich ein „Priester“ gegeben, der dazu die Sternenkonstellationen der beiden für harmonisch gut befunden hatte… Super, dann ist ja alles „in trockenen Tüchern“:

    Und nach ca, einer Stunde warten, kam dann auch der Bräutigam auf einem weißen Pferd angeritten, umgeben von einer Horde tanzender Freunde. Das witzigste an dieser kleinen Parade war, das der Bräutigam selbst eine Videokamera hielt und seine eigene Hochzeit filmte…

    Nach der Parade tauchte dann wie aus dem Nichts die Braut auf. Die „Zeremonie“ ging dann so weiter, dass das Brautpaar ca. 4 Stunden (!!!) auf der Bühne auf einer Couch saß, damit sich alle Gäste mit dem Paar fotografieren lassen konnten. Was für eine Anstrengung. Das Lächeln der Braut war schon nach einer halben Stunde eingefroren…

    Es gab von der Bühne aus eine Live-Schaltung per Leinwand in den riesigen Buffetbereich, damit alle auch beim Essen weiter zu gucken konnten.


    Das Essen war jedenfalls fantastisch!! Wir haben richtig reingehauen, hatten aber auch seit Stunden nichts gegessen. Beim Essen hat uns Mahindra zig Leuten vorgestellt, schließlich sprach uns Prof. Dr. Kalla an, überreichte uns natürlich seine Business Card (Adresse: Prof. Dr. Kalla, Kalla Road 1 …- aha!) und erzählte uns, dass er in Salzburg jahrelang mit bekannten Pharmaunternehmen Forschungen für die Verhütungs-Pille für den Mann angestellt hat. Er wollte dann gerne unsere Meinung / Einschätzungen darüber wissen, ob deutsche Männer wohl solch eine Pille nehmen würden. Und wie wir nach unseren bisherigen Reiseerfahrungen den Erfolg/die Akkeptanz solch einer Verhütungsmethode bei indischen Männern einschätzen würden..
    (Es bleibt wohl an dieser Stelle eigentlich unnötig zu erwähnen, dass Sex für Inder DAS große Tabuthema ist!!!) – Ok, da war sie wieder diese Situation, in der wir uns auf einmal kopfschüttelnd befinden ohne auch nur den geringsten Plan zu haben, wie wir da wieder rauskommen können…

    Gegen halb 1 Uhr nachts sind wir dann mit Mahindra, Raju und ihrem Vater von deren Fahrer zu unserem Guesthouse gebracht worden. Die eigentliche Hochzeitszeremonie, bei der das Brautpaar durch einen roten Bindfaden miteinander mehrere Runden um eine kleine Feuerstelle geht bis der Priester sie schließlich zu „Mann und Frau erklärt“ hatte bis zu unserer Abfahrt übrigens nicht stattgefunden. Während dieser ganzen Zeremonie wird auch kein Körperkontakt zwischen den beiden ausgetauscht und es wird auch nichts mit einem „Kuss besiegelt“…

    Bei unserer Rückfahrt hat sich herausgestellt, dass alle der „Obersten“ der Brahmanen Kaste angehören. Es war ihnen nämlich sehr wichtig, zu hören, dass uns das Essen ganz besonders außerordentlich gut geschmeckt hat ( es wurde nämlich ohne Zwiebeln oder Knoblauch zubereitet, die aufgrund ihrer Gerüche bei ihrer „so-called: community“ als „unrein“ gelten.)

    An der Straße, wo der kleine Fußweg zu unserem Guesthouse abzweigte stand dann unser „Herbergsvater“ und schien sich sichtlich Sorgen um uns gemacht zu haben! (Wow - was für eine Zuwendung uns fremden Menschen gegenüber, das er sogar nachts in der dunklen Gasse auf uns wartet!)

    Er ist sofort auf Manhidra mit Gebrüll losgegangen, was diesem einfiele uns 3 Mädels einfach nachts irgendwo hinzuverschleppen… Dann bekamen wir leider nur noch Fetzen von dem Gespräch mit, in denen wir mehrmals das Wort „Brahma“ verstanden… Es war ein heißes Wortgefecht, aber am Ende schienen sich die beiden Männer einig und verkündeten uns sichtlich zufrieden, dass zum Glück alles ok sei, weil sie beide Brahmanen wären.. - Und wieder dieses wortlose Kopfschütteln von uns…

    Kastenwesen

    Obwohl heute in Indien zwar offiziell jede durch das Kastenwesen bedingten Benachteiligungen gesetzlich verboten sind, waren wir überrascht zu sehen welchen großen Teil des gesellschaftlichen „Miteinanders“ dieses „Soziale Phänomen Indiens“ immer noch einnimmt.

    Beruf und Partner bzw Heirat

    Noch heute bestimmt die Kaste weitgehend die Partner- und Berufswahl.

    Die arrangierten Hochzeiten werden meist innerhalb der Kaste organisiert. So sehen zB in der „Hindu Times“ die Kontakanzeigen in etwa so aus „Guterzogener Brahmane aus anständigem Elternhaus sucht hübsche Brahmanin mit guter Bildung“ (…) Auch auf indischen Websites zur Partnersuche finden sich Suchfunktionen nach Kastenkriterien.

    Dennoch haben wir im „modernen Indien“ auch starke Tendenzen zur Liebesheirat festgestellt und selbst in arrangierte Ehen werden mittlerweile Kastenschranken überwunden.

    Bezüglich der „Berufswahl“ haben wir in Bundi einen Brahmanen kennengelernt, der zwar die fischreichsten Gewässer auf seinen Ländereien hatte, aber aufgrund seiner Kastenzugehörigkeit, nicht selber dort angeln gehen konnte…

    Praktisch kann allerdings jeder jeden Beruf ausüben. Lediglich ein Bruchteil der Brahmanen ist Priester, während heute verstärkt auch Angehörige anderer Kasten dieses Amt ausüben. Beliebt sind Brahmanen dagegen als Köche in besseren Restaurants, da noch heute einige „Höherkastige“ keine von „Niederkastigen“ zubereiteten Speisen essen würden.

    Gemeinsame Mahlzeiten

    Früher waren grundsätzlich keine gemeinsamen Mahlzeiten erlaubt, weil „Hochkastige“ das gemeinsame Mahl mit „Niedrigkastigen“ als verunreinigend empfanden. Derartige Trennungen gibt es in den großen Städten nicht mehr und für das gemeinsame Essen in Betriebskantinen beispielsweise sind Kriterien wie rituelle Reinheit völlig irrelevant.

    Dennoch haben wir die Erfahrung gemacht, dass gerade in ländlichen Gegenden diese alten Strukturen doch noch fest verankert sind. So war es einer Familie sehr wichtig, dass wir keine Mahlzeiten in unserem Guesthouse einnehmen, da das Küchenpersonal einer Kaste angehörigen, die sie als „unrein“ betrachten!

    Bedeutung heute

    Die Zuordnung zu einer Kaste sagt nichts über „wohlhabend“ oder „arm“ aus. Die Einteilung erfolgt nach ritueller Reinheit und Aufgabenbereich, nicht jedoch nach „Oberschicht“ oder Unterschicht“, die sich nach finanziellen Kriterien richtet. Durch jahrhundertelange Ausbeutung findet sich Armut jedoch tendenziell mehr bei „Niedrigkastigen“, obwohl auch brahmanische Familien, Angehörige der obersten Kaste, wirtschaftlich sehr schlecht gestellt sein können.

    Um für uns mehr Durchsicht in dieses indische Gesellschaftsgefüge reinzubringen „hatten wir mal ein wenig „Hausaufgaben gemacht“ und folgende interessante Sachen herausgefunden:

    Der Begriff Kaste stammt aus dem portugiesischen/spanischen casta : Rasse, bzw. leitet sich von dem von lateinischen Wort castus für rein ab.

    Gliederungsebenen

    Beim „Kastensystem“ wird unterschieden in
    1. die vier Hauptkasten (Varna)
    2. diese gliedern sich in Untergruppen (Jati) auf


    Varna

    Varna ist Sanskrit und bedeutet wörtlich „Klasse, Stand, Farbe“. Es gibt vier Varnas:

    1. Brahmanen (traditionell die intellektuelle Elite, Ausleger heiliger Schriften (Veda), Priester)
    2. Kshatriyas (traditionell Krieger und Fürsten, höhere Beamte)
    3. Vaishyas (traditionell Händler, Kaufleute, Grundbesitzer, Landwirte)
    4. Shudras (traditionell Handwerker, Pachtbauern, Tagelöhner

    Darunter stehen die „Unberührbaren“, auch als Paria bekannt. Traditionell nimmt man an, dass mit dem Begriff Varna die Hautfarbe gemeint war: je höher die Kaste, desto heller die Haut, worin sich die Rassenzugehörigkeit verschiedener Einwanderer- bzw. Erobererwellen widerspiegele. Allerdings gibt es darüber mehrere Theorien.

    Während unseres ganzen Indienaufenthaltes war das Thema „Whitening“ allgegenwärtig: auf zahlreichen riesigen Werbeflächen, im Fernsehen, Radio, Zeitschriften, in den Drogerie- und Supermärkten etc. Die Slogans lauten in etwa so: „Jede Frau hat das Recht natürlich weiß zu sein!“. Öfters kam es auch vor, dass wir gefragt wurden „welches Produkt zur Hautaufhellung, wir denn benutzen würden“… Und das, wo wir paradoxerweise doch immer versucht haben, uns eine schöne gesunde Bräune anzueignen…

    „Das System der Varnas lässt sich als die geistig-ideologische Ebene des Kastensystems beschreiben, da es eine Legitimation für die erbliche Gesellschaftshierarchie bietet. Es ist eine ideale, rein theoretische Ordnung, die jedoch zu keinem Zeitpunkt der Geschichte nachweisbar ist. Die Frage nach dem Ursprung ist ungeklärt, keine Institution und keine Schrift hat die Kastenordnung geschaffen oder verordnet. „

    Nach hinduistischer Vorstellung sind mit der Kastenzugehörigkeit bestimmte kosmische und soziale Pflichten (Dharma) verbunden. Die traditionelle Pflicht eines Kshatriya ist es, die Gesellschaft zu führen, zu kämpfen und in den Krieg zu ziehen, wogegen Brahmanen die Schriften studieren, lehren sowie den Vollzug der Riten sicherstellen sollen.

    Jati

    Die Kastenzugehörigkeit des Individuums wird durch die Geburt bestimmt, wobei Ein- oder Austritt theoretisch nicht möglich sind. Heute erfüllt das Kastenwesen auch wichtige soziale Aufgaben und so haben die Jatis in gewisser Weise auch die Funktion eines Sozialversicherungssystems: sie bieten in den Millionenstädten für Arbeitsuchende aus anderen Gegenden des Landes oft die einzige Zuflucht, die einzige Möglichkeit, Aufnahme, Nahrung und Hilfe zu finden, oder garantieren ein Überleben der Familie bei Arbeitslosigkeit und Krankheit.


    Wenn ein Inder übrigens wissen möchte, zu welcher Kaste ein anderer gehört, fragt man in Hindi nach der Jati oder im Englischen nach der „community“.


    Allerdings hat es zu allen Zeiten hinduistische Bewegungen gegeben, die Auswüchse und Ungerechtigkeiten angeprangert und eine Überwindung der strikten Kastenschranken gefordert haben.

    Nur einige orthodoxen Hindus und jenen, die Privilegien und Ausbeutung mit dem alten System legitimieren, halten auch heute noch an diesen Strukturen fest. Moderne Hindus lehnen es vielfach ab, die grundsätzliche Gebundenheit an Kasten aufrechtzuerhalten.


    Studium des Veda durch die oberen Kasten (Varnas)

    Einige Brahmanen betrachten sich als die einzige „reine“ Varna und alle anderen als „vermischt“. Die ersten beiden Varnas machen etwa 10 % der Bevölkerung Indiens aus.

    Die Zugehörigkeit zu den oberen Varnas war eng gekoppelt mit Kenntnissen des Veda, der heiligen indischen Texte. Das Studium der Veden betrachteten sie nicht nur als ihre Pflicht, sondern auch als ihr Vorrecht, die Weitergabe dieses Wissens an Außenstehende war lange Zeit tabuisiert.

    Reinheit und Unreinheit

    Für die Hierarchie zwischen verschiedenen Jatis spielen die Vorstellungen von Reinheit und Unreinheit eine große Rolle. Als besonders rein gelten Brahmanen, die Priesterkaste, als besonders unrein hingegen jene Jatis, die mit unreinen Berufen zu tun haben, wie zum Beispiel die Wäscher, Friseure und Müllbeseitiger. Die reinen Kasten sind bestrebt, sich möglichst von den unreinen Kasten fernzuhalten, wobei in diesem Zusammenhang auch körperliche Reinheit oder Unreinheit ein wichtiges Kriterium ist. Aus diesem Grund wird heute noch Unberührbaren oftmals der Zugang zu Tempeln verwehrt. Allerdings ist strikte Separation nur in ländlichen Bereichen möglich, da man im städtischen Umfeld über die Kaste einer anderen Person nur informiert ist, wenn man sie persönlich oder wenigstens den Namen kennt. Dieser oft schon genug Hinweis auf die zugehörige Kaste (so ist ein „Patel“ ursprünglich zB ein Händler aus Gujarat und ein „Singh“ ein Brahmane aus Rajahstan.)

    Unberührbare Kasten

    Die westlichen Vorstellungen von „Kastenlosen“ (Paria) beruhen weitgehend auf veralteten Beschreibungen. Echte „Kastenlose“ gibt es kaum. Die so genannten „Unberührbaren“ sind meist Angehörige der niedrigsten Kasten beziehungsweise Unterkasten, wovon wahrscheinlich über 3.000 existieren.

    Seit der indischen Unabhängigkeit werden den Angehörigen unberührbarer Kasten und der Stammesbevölkerung (scheduled castes und scheduled tribes) bestimmte Quoten bei der Besetzung von Stellen in der öffentlichen Verwaltung und im Bildungswesen zugestanden. Dies hat dazu geführt, dass in diesem Bereich Unberührbare nicht mehr benachteiligt, sondern bewusst gefördert werden.

    Mahatma Gandhi, der Indien in die Unabhängigkeit geführt hat, sowie der wichtige religiöse Führer Swami Vivekananda waren Vaishya.

    Auch in der Politik hat sich einiges verändert: Der erste Staatspräsident aus einer unberührbaren Kaste war K. R. Narayanan, der von 1997 bis 2002 amtierte. Es hat sich aber gezeigt, dass die formale Emanzipierung von Mitgliedern niedriger Kasten noch nicht überall in dem Maße zu einer Emanzipierung im sozialen Leben beitrug, wie es wünschenswert wäre.

    Um dem Kastenwesen „zu entfliehen“ sind viele Angehörige unberührbarer Kasten zum Buddhismus oder Christentum übergetreten.

    Christliche und Muslimische Kasten in Indien

    Allerdings haben auch die christlichen und muslimischen Inder sich ein ausgeprägtes Bewusstsein ihrer Kastenzugehörigkeit bewahrt.
    Die vier Hauptkasten der indischen Muslime lauten

    1. Sheikh,
    2. Khan,
    3. Beg und
    4. Sayid (auch Säyäd).


    Quelle: Für unsere „Recherchen“ haben wir hier auf wikipedia zugegriffen.

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  • 22Nov

    Im indischen Märchen ist alles möglich

    Pushkar

    Rechtzeitig zur Camel-Fair sind wir nach Pushkar, dem ansonsten sehr verschlafenen Städtchen am Rande der Thar-Wüste angereist.

    Der Sage nach ließ Brahma dort einst eine Lotusblüte auf die Erde fallen worauf diese heilige Hindu Pilgerstadt entstand. Der Ort liegt am heiligen Pushkarsee, der jedes Jahr zahlreiche gläubige Hindus anzieht, die sich darin reinwaschen und ihre Familie und Gesundheit von ansässigen Brahmanen in speziellen Pujas segnen lassen. Als Zeichen dieser Segnung wird ihnen ein roter Punkt auf die Stirn gemalt.

    Der einzige Brahma-Tempel Indiens aus dem 14. Jahrhundert, die Ghats und rund 400 kleinere Tempel ziehen allerdings nur eine recht überschauliche Touristenzahl an.

    Anders als zum Herbstvollmond (Kartik Purnima), wo sich dieser heilige Ort jedes Jahr für fünf Tage in Rajasthans größtes und farbenprächtigstes Volksfest, der sogenannten Pushkar Mela, verwandelt. Zu dieser Zeit strömen tausende von Menschen mit über 30.000 Stück Vieh, Kühen, Pferden und vor allem Kamelen aus teilweise über 500 km Entfernung herbei.

    Auf dem Festplatz werden sogar von Hand betriebene Karussells und Riesenräder aufgestellt, deren Konstruktionen allerdings sehr unsicher aussehen und die sie in einem „Affenzahn“ drehen…

    Es werden Lautsprecher montiert aus denen neben den Programmpunkten mehrmals täglich folgende „Puhkar rules“ lautstark verkündet:


    „ Pushkar is a vegetarian place.” “No meat or eggs are allowed.” und
    „Couples are not allowed to embrace in public“ im selben Atemzug wie „Alcohol and other drugs are not allowed.“ (…)


    Ok, denken wir uns also die ganzen dauerbekifften Sadhus mal weg, die in Pushkar zum Stadtbild gehören.

    Sadhu

    Ein Sadhu (Sanskrit, wörtl.: „Guter“) hat sich einem hinduistisch religiösen, teilweise streng asketischen Leben verschrieben, z.B. der Heimatlosigkeit, der Armut, der sexuellen Enthaltsamkeit, dem Fasten oder der völligen Bedürfnislosigkeit. Sie bestreiten mit Spenden ihren Lebensunterhalt; sie bilden Gemeinschaften in Ashrams oder leben in Wohnräumen, die mit Tempeln verbunden sind. Hier widmen sie sich dem spirituellen Leben, studieren und lehren der heiligen Schriften. Andere hingegen leben in Höhlen oder sind völlig heimatlos auf ständiger Wanderschaft, um sich von allem Weltlichen zu lösen, sich von milden Gaben zu ernähren und sich der Suche nach Erlösung zu widmen. Dies entspricht der vierten und letzten wünschenswerten Stufe in einem idealen Hindu-Leben (nach der hinduistische Ethik, Dharma).

    Sadhus wird in Indien großer Respekt gezollt, denn viele sehen ihre Askese auch als stelvertretende Handlungen für sich selbst.

    Es gibt natürlich auch ein paar Sadhus, die sich „verrückt“ verhalten, um ihre völlige Unabhängigkeit zu demonstrieren, oder die als extreme Askese bizarre Leistungen vollbringen: So haben einzelne Sadhus Weltrekorde aufgestellt, z.B. „einen Arm seit 25 Jahren in die Luft halten“ oder „17 Jahre stehen“. So einen haben wir z. B. gegenüber des Brahma-Tempels in Pushkar gesehen…

    Einer weiteren Ausprägung begegnet man in Pushkar, nämlich den „Bettel-Sadhus“, die entweder einfach nur ihre Hände aufhalten oder gewappnet mit einer Kuh, die „noch heiliger als die indische Durchschnittskuh” (ja, in Indien sind tatsächlich IMMER noch Steigerungen möglich!) ist, da ihr ein 5, wenn nicht sogar noch ein 6. Bein aus dem Rücken wächst, kreuz und quer über das Festivalgelände laufen!!! Die in einem solchen Aufzug verteilen Segnungen bringen ganz sicher ordentlich Almosen…

    Die Hauptattraktion auf der Camel-Fair waren aber natürlich die Kamele, die in eigentlich Dromedare sind. So kann man diese während der Mela soweit das Auge reicht auf den umgebenden Sanddünen sehen. Sie wechseln hier zu Tausenden den Besitzer. Es wird gefeilscht und gehökert was das Zeug hält. Viele Tiere sind geschmückt, hübsch frisiert und einige haben interessante Muster ins Fell geschoren. Schmuck und Verzierungen für die Tiere kann man hier natürlich auch zur Genüge kaufen.

    Wir haben unsere Tage damit verbracht über das Gelände auf und abzulaufen und die Stimmung möglichst intensiv in uns aufzunehmen, dabei erzählte uns ein Kameltreiber, dass ein Kamel 15.000 RS (ca. 261,- Euro) kostet. Außerdem hat er dabei die ganze Zeit in einer Endlosschleife „achachachacha“ gesagt, dem indischen Ausdruck für Zustimmung.

    Eine wahre Augenweide ist die unüberschaubar vielfältige Bevölkerung, die u.a. aus turbantragenden männlichen Wüstenbewohnern und grell-bunte saritragenden Frauen besteht. Stolz zeigen sie ihren reichen Silberschmuck an Arm-und Fußgelenken, Fingern und Zehen, in Ohren, Nase und auf der Stirn.
    Das Fremdenverkehrsbüro Rajasthans veranstaltete ein Kuturprogramm mit ausdrucksvollen Tänzen, Gesang begleitet von für die Wüste typischen Musikinstrumente. Für dieses Programm werden nur bekannte Künstler engagiert.

    Außerdem gab es auf dem Mela-Ground noch ein breitgefächertes Rahmenprogramm, das die rajasthanische Volksfreude wiederspiegelt und teilweise für uns als westliche Betrachter schon fast „verwerflich“ vorkamen:

    • Seiltanz, bei dem ein kleines Mädchen Unglaubliches geleistet hat. Wahrscheinlich erwirtschaftet das Mädel dabei das gesamte Einkommen für die und bestimmt schon xmal auf den harten Boden runtergefallen…
    • Camel- und Horse-Dance, was mehr Tierquälerei als alles andere war.
    • Wettrennen und Wettspiele für Kamele.
    • Beim Schönheitswettbewerb der Kamele treten diese ebenso wunderbar geschmückt wie ihre Besitzer der Reihe nach vor und werden begutachtet.
    • Dance-Performance von Schulmädchen, die ihren Auftritt mit einer Swastika-Choreographie begonnen haben.
    • Ein Fußballmatch : locals vs tourists, wobei die locals sehr zum Ärger der teilnehmenden Engländer, Iren und Israelis gewonnen haben - Deutschland war nicht vertreten, somit konnten wir uns die Niedelage damit schönreden ;-))
    • Abends gab es einer IndianBride-Competition, bei der Touristinnen verschiedene traditionelle indische Hochzeitsgewänder angezogen haben. Jede „Braut“ musste auf der Bühne diverse Fragen beantworten, um so die Gunst des Publikums für sich zu gewinnen: von „welche Vorzüge haben indische Männer bzw. indische Frauen“, „welche Qualitäten sollte der Ehepartner haben“ Folgende komplett aus dem Kotext fallende Frage hat bei allen Zuschauer wieder dieses „Indienreise-Typische-Kopfschütteln“ hevorgerufen: „ Was sollte die indische Regierung gegen den Terrorismus tun?“

    Tatsächlich wird dieses Fest auch als „Hochzeitsmarkt“ gesehen wird und es gibt allerlei Stände mit Glasketten in allen Farben, glitzernden Armreifen, Schmuck aus Silber oder Blech, Stoffen in reicher Auswahl, wo die Bräute eingekleidet werden. Viel zu tun haben auch Henna-Tätowierer, die Schönheitsflecken auf Kinn und Wangen und Unterarme und Hände mit traditionellen Mustern verzierten.

    Last, but not least unsere ganz persönlichen „Grenzerfahrungen“ aus Pushkar:

    • Schnull wurde von einem Typen belästigt, der sie „handsome“ fand und mit ihr die Nacht vebringen wollte. Derartige Geschichten haben wir schon öfters gehört. Der interessante Part daran ist das Selbstbewußtsein mit dem die indischen Männer daran gehen, denn sie verlangen sogar eine gewisse Summe, dafür, das sie mit einer solchen plumpen Anmache Frauen ihren Körper anbieten.
    • Beim Fotografieren wurde Schnull von einer Kuh angepinkelt (…) und am selben Tag auch noch in der Menschenmenge mitten ins Gesicht gerülpst!

    Quelle: Für unsere „Recherchen“ haben wir hier auf wikipedia zugegriffen.

    Die Kuh mit 6 Beinen!!!

    Fahrgeschäfte auf der Camel Fair in Pushkar

    2 stolze Kamelbesitzer

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  • 14Nov

    "Highwayterror" - haha

    Grenzüberschreitungen


    In Indien sind beim Reisespaß neben dem Überqueren von Staatsgrenzen auch leider immer unsere eigenen ganz persönlichen Grenzüberschreitungen inklusive.

    Hier ein paar Beispiele, über die wir im Nachhinein zum Glück selber lachen können.

    Haridwar - Agra

    Wir sind von Haridwar mit dem overnight bus nach Agra gefahren. Das Teil sollte eigentlich Deluxe sein, war es aber nicht und die Lehnen konnte man auch nicht im Geringsten verstellen. Neben den 54 Leuten auf den Sitzen, befanden sich mindestens nochmal die gleiche Anzahl Menschen kreuz und quer liegend auf dem Gang verteilt. Die langen Saris der Frauen hatten an diesem Tag leider schon einiges an Dreck und Urin von den Straßen aufgesammelt, sodass die Luft im Bus ganz schlicht mit einer offenen Latrine zu vergleichen war! Ganz zu Schweigen von dem in dieser Hitze allgegenwärtigen Schweißgeruch.

    Füh morgens hieß es dann in irgendeinem dunklen Horrorkaff: Endstation. Unser Busfahrer (der kein English sprach) hat uns dann samt unserem Gepäck auf eine Fahrradrikshaw verfrachtet, dem Fahrer 100 Rupies in die Hand gedrückt und zu uns immer was von Agraagraagragarrrhhhh” geblabbert. Der Rikshaw-Fahrer ist dann mit uns in der Dämmerung im Mückengeschwader in eine übelste Seitengasse gefahren und dann hieß es auf einmal wieder Endstation!!! Sofort haben sich 6 Neugierige um uns gescharrt, die uns alle irgendeine Hindi-Frikadöse ans Ohr gekaut haben…

    Und wie jedesmal in so einer Situation taucht dann auf einmal „der junge englischsprechende Inder” auf, der uns zu retten scheint. Er hat die anderen vertrieben und uns gesagt, dass der Bus bald kommt… kam er aber nicht!!! So sind wir zu Fuß losgelaufen und haben dann einen anderen Fahrradrikshaw-Fahrer genommen, der uns wieder im höllen Mückengeschwader zu einem Schrebbelbus mit halben Lehnen gebracht hat. Da konnten wir dann nochmal 80 Rupies für „Agraagraagragarrrhhhh” (bei den Straßenverhältnissen spricht man Agra tatsächlich so aus, wenn man versucht zwischen den ganzen Schlaglöchern auch nur ein einziges Wort rauszubringen!) bezahlen…

    Was lernten wir also mal wieder: In Indien bekommt man selten das, was man bestellt.

    Und damit das Drama hier noch nicht zuende ist, waren die ersten 3 Hotels ausgebucht und unser Zimmer in dem wir uns dann schließlich hundemüde aufs Bett haben fallen lassen hatte „no power in the shower”, „no toilet flush” and „no Glass in the outside windows”!!! Super, das ist uns natürlich erst aufgefallen, NACHDEM wir im Bett lagen, also hat es noch 2 weitere Stunden gedauert, eh wir schließlich in einem sauberen Bett mit „Power in the Shower” und „flushing Toilet” lagen!!

    Das war also ein gefühlter 24-Stunden Transfer, bei dem wir uns alle 2 Minuten fragten warum wir eigentlich nochmal hier sind und uns das alles antun…

    Zugfahrt von Pushkar nach Jodhpur
    Von Pushkar nach Jodhpur hatten wir auch einen interessanten Transfer: wir sind mit dem Zug 3nd class (=die günstigste Klasse) gefahren. Als der Zug mit einer Stunde Verspätung (damit lagen wir angeblich weit unter dem Verspätungsdurchschnitt) einrollte, sind alle vom Bahnsteig aufgesprungen und ein heiloses Spektakel ging los. Der Geräuschpegel steigt ins Unermessliche und es scheint als würde eine absolute Massenpanik ausbrechen.

    Alles schiebt, quetscht und drängelt und stürmt die Eingänge. Es war ein Riesenknäul das sich hin und herdrängte und wir mitten drin! Die von drinnen wollten ja schließlich raus und alle vom Bahnsteig rein… Dann reißt mir doch glatt mitten im Gedränge einer meine soeben erstandene Wasserflasche aus der Hand!! Man kann sich vorstellen: mitten im schweißtreibenden und atemnotbringendem Gedränge mit dem Rucksack auf und dann wird man auch noch „beklaut”. Ich hab natürlich sofort losgebrüllt, aber wenn interessierts bei dem Lärm hier??? (…)

    Ok, wie wir dann letztendlich in den Zug tatsächlich reingekomen sind, bleibt ein Rätsel, aber wir haben es irgendwie geschafft. Und was sehe ich drinnen im Gedränge auf einmal auf einem Platz liegen??? Meine Wasserflasche!!! Super Sache, also setze ich mich genau auf den noch freien Platz mit der Flasche und stelle fest dass sogar noch Platz für Phine und Hänki (aus Rishikesh) da ist!! Aber Pustekuchen! Sobald ich die Flasche beseite schiebe keiffen mich ein paar rumsitzende Leute wie verrückt an (alles auf Hindi)… Meine kläglichen Versuche, die Flasche als mein Eigentum zu erklären, ersticken im Mief des überfüllten Zugabteils…

    Mitten in diesem Gekeiffe taucht dann wieder der Typ auf, der mir meine Flasche auf dem Bahnsteig aus der Hand gerissen hat und zeigt auf die gegenüberliegende Sitzreihe. Da lag dann nochmal so eine Wasserflasche und als wir 3 uns neben der Flasche auf die Bank (Holzbretter ohne Polster!) gesetzt haben schien die Welt wieder in Ordnung…

    und wir hatten einen neuen Freund gewonnen, der uns die restliche Zugfahrt nicht aus den Augen gelassen hat (wörtlich zu nehmen!).

    Wir lernten also:
    Platzreservierungen gehen in Indien so: sobald der Zug einfährt versucht man einem Bruder (hier sind immer alle Brüder) in den Zug reinzubekommen und dann werden irgendwelche Gegenstände durch die Fenster gereicht (keine Glasscheiben, sondern nur Metallstreben) und auf den Plätzen verteilt. Außen auf dem Bahnsteig wird dies natürlich durch Drängeln, Schieben, Wegschubsen etc verhindert. Aber sobald etwas im Zug passiert, gelten da andere Spielregeln: alles geht enstspannt und peacig ab und Wasserflaschen, Taschentücher- oder Zeitungsreservierungen gleich für ganze Sitzbänke werden akzeptiert…

    Unsere Mitreisenden lernten:
    Dass wir in Deutschland kein Hindi, kein Rajahstani, kein Englisch und auch kein „Germanenglisch” sprechen. Dass wir unsere eigene Sprache, die weder Hindi, Rajahstani oder Englisch ist, haben, fanden die Leute so verwunderlich, dass wir es geich mehrmals in verschiedenen Varianten bestätigen mussten.


    Diese Zugfahrt in dem restlos überfüllten Abteil der 3.Klasse (wo also keine Glasscheiben und nur bretterige Holzbänke drinnen waren) nahm dann noch einen weiteren Höhe- bzw. Tiefpunkt ein, als wir, um den ganzen starren Blicken unserer Mitreisenden auszuweichen, versucht haben, in unsere Bücher zu gucken. Denn erst auf unseren weißen Buchseiten wurde uns bewusst, dass das, was uns schon die ganze Zeit auf den Kopf, die Arme usw. bröselte, hornhäutige Fußfetzen von demjenigen waren, der sich über uns ins Gepäckfach geklemmt hatte!!!

    Bustransfer: Jodhpur nach Jaisalmer
    In Rajahstan gibt es in den Bussen eingebaute “Kisten” (über den normalen Sitzen) wo man gehockt die Fahrt verbringen kann oder sich gekrümmt hinlegen kann. Als wir von Jodhpur nach Jaisalmer in Richtung Thar Wüste gefahren sind, ist es dann passiert: Phine und ich waren nach einer ziemlich nervenaufreibenden Rikshawfahrt glücklich auf unseren Fenster+daneben Plätzen in dem entspannt fahrenden Bus zu sitzen. Der Fahrtwind wehte durchs offene Fenster und wir haben die Landschaft genossen und die Welt schien gut zu sein, als auf einmal die Kotze direkt durch unser Fenster reinfliegt!!!!


    Jemandem in der Kiste über uns ist schlecht geworden und hat sich einfach aus dem Fenster übergeben und wir haben den ganzen Mist direkt wieder durch den Fahrtwind reingeliefert bekommen!!! Super Urlaub!!! (…)

    Die restlichen 6 Stunden der Fahrt haben wir dann zusammengequetscht auf einem Sitz verbracht, weil der Gestank von dem Fenstersitz einfach nicht auszuhalten war… und sich leider auch während der ganzen Fahrt niemand gefunden hat, der den Schmutz adäquat beseitigt hätte!!!

    Unsere heutigen Lektionen gingen also so:

    1. Gibt es eine Kiste über den Sitzen, werden wir unseren Transfer künftig also dort lieber gekrümmt verbringen und nicht mehr drunter sitzen. Punkt.
    2. Die indische Art des Putzens: Die Inder versuchen etwas zu säubern bzw. aufzuwischen etc., indem einfach möglichst lange mit irgendeinem Gegenstand (besenartig oder lappenartig oder auch mal nur Äste) auf den Schmutz draufgehauen wird. Und wenn der Saubermacher das Gefühl hat, es ist alles gut, dann hört er auf und die Schmutzfläche hat sich einfach vergrößert und in ihrer Konzentration etwas verringert…

    Fäkaltalk! „Urinstopper”
    Ein wirklich großes Thema, wenn man täglich durch Indiens Straßen schlendert oder durchs Land reist ist die Toilettensituation. Die Verzweiflung unter den Reisenden ließ folgendes hoffnungsvolles Gerücht aufkommen:

    „ Es soll ein Mittel (fängt mit “L” an) geben, dass den Blasendrang hemmt, sodass man bei den 8 Stunden Busfahrten nicht auf Toilette muss. Eine Erfüllung eines Traumes, wenn man an die teilweise Horrormäßigen Toilettenstops denkt.”

    Allerdings erhielten wir von einem befragten Urologen leider folgende Antwort:
    „Von derartigen Tabletten, die den Harndrang stoppen wird dringend abgeraten, da es in der Hitze zu Nierenschädigungen (bis hin zum spontanen Versagen) kommen kann.”

    Somit waren wir nur froh *Urinelle und *Traveljohn dabei zu haben. Letzterer ist tatsächlich in einer dieser eingebauten Kisten bei nächtlicher Fahrt durch die Schlaglochlandschaft zum Einsatz gekommen. Ein wahrer Balanceakt, da man bei den Straßenverhältnissen teilweise mit dem kompletten Körper in der Luft schwebt bis man wieder irgendwo gegendonnert!

    Bei all diesen Transfers ist nicht zu vergessen, dass hier Indiens Volkssport Nr 2: „Optimale Platzausnutzung” von allen Beteiligten mit einem beeindruckenden Elan und Ehrgeiz betrieben wird…

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  • 01Nov

    Going Shanti in Rishikesh - “Yoga-capital of the World”

    Rishikesh
    Die bekannte Pilgerstadt Rishikesh liegt an den Ausläufern des Himalayas und hat uns von Anfang an fasziniert. Der Ganges, der hier noch aus klarem und kräftig blauem Wasser besteht, fließt durch die Stadt und gibt nicht nur ein landschaftlich wundervolles Bild ab, sondern hat gleich noch als „heiliger Fluss“ (Mutter aller Flüsse) eine gewisse mythologische Bedeutung, die dem Örtchen einen ganz besonderen „touch“ gibt.

    In der nördlichen Umgebung liegt auch die Quelle des Ganges, der hier den Himalaya verlässt, um durch die Ebenen Nordindiens zu fließen. Schon hier trennt sich die „Spreu vom Weizen“, denn während einige der Reisenden eine Tour nach Gangontri, Yamoutri etc. als sportlich herausfordernden Trek mit dementsprechender Ausrüstung angehen, gilt diese Reise für andere (vor allem Westlern!!!) als „Pilgramage“, die selbverständlich barfuß erledigt wird, damit auch über die Fußsohlen die nötigen vibes richtig aufgenommen werden können…

    In den von Kühen uns sonstigen auf den Straßen lebenden Lebewesen vollgeschissenen Pfaden Rishikeshs treffen wir also für uns schockierend viele Westler, die sich wahrscheinlich schonmal genügend Hornhaut an ihren Füßen ansammeln, um für diesen Trip entsprechend vorbereitet zu sein. So zB auch eine Familie aus Dänemark, die mit ihrem Kleinkind von 2-3 Jahren im wahrsten Wortsinne EINIGES und zwar nicht nur durch ihre nackten Füße von der Straße aufnehmen…

    Den Namen “Yoga-capital of the World” macht Rishikesh wirklich alle Ehre, denn neben den unzähligen Yoga-Zentren, Tempeln und Ashrams gibt es unendlich viele Buchläden und andere Shops, in denen man die komplette spirituelle Grundausstattung käuflich erwerben kann.

    Jährlich kommen Tausende von Pilgern und suchende Touristen, sowohl aus Indien als auch aus den westlichen Ländern hier an, um spirituell erleuchtet zu werden. Somit birgt das tägliche Straßenbild eine fast schon fotogene Ansammlung aus den schrägsten Typen (überwiegend Westler!), die ganz offensichtlich *transzendente Aufträge verfolgen, die für uns Außenstehende nicht wirklich transparent erscheinen. Viele von denen ändern sogar ihre Namen hier und wollen fortan nur noch mit ihrem Ashram Namen (à la Cosmashiva) angesprochen werden. Die Hindus glauben, dass eine Meditation in Rishikesh, ebenso wie ein Bad im heiligen Fluss Ganges, näher zur Erlösung führt.

    Wir kommen uns schon fast „spießig“ vor, da wir immer noch unsere Schuhe, T-Shirts und Shorts tragen im Gegenzug zu den meisten Reisenden, die hier in orangene Tücher (dem allgemeinen Kleidungscodex der Yogierenden) gewickelt barfuß durch die Gegend rennen!!!

    „Transzendenz“ (von lat. transcendere „übersteigen“) bedeutet Überschreiten von Grenzen des Verhaltens, Erlebens und Bewusstseins, sowie das Sichbefinden jenseits dieser Grenzen.“

    Schon in den 60er Jahre besuchten u.a. die Beatles diesen Ort um zu meditieren und yogieren. Klar, das wir uns die Sache auch näher anschauen:
    Auf der Suche nach einem Ashram für Lachyoga, wurden wir leider mit der harten Wahrheit konfrontiert; nämlich, dass der einzige „Lach-Swami“ (Gelehrter) leider den Verstand verloren hat und sich nun in einem Stadium der „mental insanity“ befindet…
    Somit entscheiden wir uns für einen Ashtanga-Kurs, der neben dem ganzen Atmen, Verrenkungen und Meditieren auch noch etwas Fitness-Gymnastik für uns bereit hält…

    Om

    Wir kommen also zum ersten Mal in Kontakt mit dem allgegenwärtigen „Om“ und lernen, dass es in allen hinduistischen Religionen als das heiligste aller Mantren gilt. Es symbolisiert die Vereinigung von Brahma (Schöpfer), Vishnu (Bewahrer) und Shiva (Zerstörer). Es korrespondiert mit den Zuständen des Wachens, des Träumens, des Tiefschlafs und der tiefsten Ruhe.

    Das Om wurde als die Verbindung der drei Klänge „a, u, m“ zum Objekt mystischer Meditation. Der Klang des Om steht für den *transzendenten Urklang, aus dessen Vibration nach hinduistischem Verständnis das gesamte Universum entstand.

    Wir begannen und beendeten also jede unserer Yoga-Sessions damit, das Om ganz tief aus unseren Körpern zu singen. Und zwar in 3 Teile geteilt.
    Dabei saßen wir im Schneidersitz mit dem Dauem und Zeigefinger zusammengekniffen und die anderen 3 Finger gestreckt in einem nur mit drei Kerzen erleuchteten Raum!!! Herrlich!!! Die einzigen Vibrationen, die wir allerdings dabei empfingen, kamen ganz eindeutig aus unseren Trommelfellen vom Ganzen in uns reinkichern!!!

    Unser Kurs beinhaltet das Erlernen von 6 Reinigungsübungen, um unseren Körper von den ganzen negativen Energien zu befeien. Es fängt an mit verschiedene Atemübungen, wobei wir nagative Enregien aus unserem Magen und unserer Eingeweide holen sollen, von denen wir kaum die Namen in englisch kennen… Wie auch immer, wir pumpen Luft wie verrückt und sind nur froh darüber, dass wir es bei dem Erlernen der Reinigungsmethode „Vomiting“ bei der Theorie belassen.

    Nachdem wir nun soviele positive Aktivitäten unternommen, um die negativen Energien loszuwerden, verbringen wir schließlich einen Teil unserer Yoga-Class damit, in der Auro unserer einer positiven Energien zu relaxen…Haha!!

    Man kann sich also vorstellen, von welchen positiven Energien über gefühlte Auren und sonstigen wirrem Zeug die Leute in Rishikesh sprechen: es werden sogar „Diseases“ von imaginären Bäumen abgepflückt. Der Begriff „Shanti“, der als Synonym für den erreichten „spirituel- erreichten-maximal-entspannten-höchst-Zustand“ wird während unseres Aufenthaltes zu einem ständigen Begleiter.

    Wir sind sehr froh darüber, dass wir in Rishikesh ein paar Gleichgesinnte, Hänki aus Leipzig, Bernie aus Kanada und “TinaTontour” aus London getroffen haben.

    Zu 5. hatten wir wirklich jede Menge Spaß. Die 3 hatten nach ihrem TREK zur Quelle des Ganges immer noch nicht genug von dem Gewässer und als sie nach Varanasi weiterreisten trennten sich unsere Wege, da wir über Haridwar und Agra zur Camel Pushkar Fair nach Pushkar gereist sind.

    Haridwar

    Nur 20 km aber „Welten“ entfernt liegt Haridwar. Schon bei der Ankunft und der vergeblichen Suche selbst auf dem vor Waren überquellenden Bara Bazaars Toilettenpapier zu finden, wird uns auf einmal klar wie wohl ein Leben in Indien vor dem großen „Touristen- bzw. Westliche-Welt Einfluss“ ausgesehen haben muss..

    Hier wurden wir Zeugen, der allabendlichen “Ganga Aarti”, bei der jeden Abend gegen 19 Uhr tausende Menschen zum Hari-ki-Pairi-Ghat strömen, um an einer Zeremonie zur Huldigung der heiligen Mutter Ganga teilzunehmen und um ihre Sünden in dem hier reißenden Ganges abzuwaschen (am Rand sind Ketten angebracht, an denen sich die Leute festhalten können, um nicht von der Strömung weggerissen zu werden!).

    Es wird zunächst eine Feuerzeremonie mit Gebetsgesang abgehalten und schließlich lassen die Gläubigen kleine Schiffchen aus Bananenpalmblättern mit Kerzen und Opfergaben in den Ganges. Das Gedränge ist schon umglaublich und wir fragten uns ernsthaft, wie das wohl zu Zeiten der Kumbh Mela, dem größten religiösen Fest der Welt hier abgeht (1998 waren es 100 Millionen Besucher!!!)

    Die Kumbh Mela findet alle zwölf Jahre, nach dem Zyklus des Jupiters um die Sonne, in den für Hindus vier heiligsten Orten Indiens statt: Allahabad (Prayag), Haridwar, Ujjain und Nasik.

    Der eigentliche Zweck der Mela (Fest) liegt in der rituellen Waschung an einem besonders heiligen Ort (am Har-Ki-Pairi Ghat soll einst Vishnu himmlischen Nektar vergossen und einen Fußabdruck hinterlassen haben…) zu einer besonders günstigen Zeit. Zu diesen Waschungen finden an den jeweiligen Hauptbadetagen sogenannte „Königliche Prozessionen“ der Sadhus (heilige indische Mönche) statt.

    Wer weiß, ob wir eines Tages „Shanti“ genug sind, um uns ein solches Fest mit 100 Millionen Gläubigen aus nächster Nähe anzuschauen…

    Rishikesh

    Shanti Shanti

    Beatles Ashram in Rishikesh

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